Geothermie in Deutschland ab 2000

Im Frühjahr 2000 tritt das Gesetz zum Vorrang Erneuerbarer Energien (EEG) in Kraft, dadurch wird auch die Arbeit des GeoForschungsZentrum Potsdam (GFZ) unterstützt.

Im Rahmen des Forschungsprojektes ‚In-situ Geothermielabor – GFZ-Forschungsbohrung im Verflechtungsgürtel Brandenburg-Berlin’ prüfen die Wissenschaftler des Zentrums ab dem offiziellen Projektstart Anfang Dezember 2000 die Eignung einer ehemaligen, 4.200 m tiefen Erdgaserkundungsbohrung aus DDR-Zeiten in Groß-Schönebeck, etwa 45 km nördlich von Berlin, auf ihre geothermische Nutzung. In der Tiefe herrschen Temperaturen von mehr als 140°C. Sollten auch die entsprechend hohen Heißwasserfließraten erreicht werden (man hofft auf 100 Kubikmeter pro Stunde), dann plant das Zentrum, dort gemeinsam mit einem Industriepartner eine Pilotanlage zur Erzeugung von elektrischer Energie zu errichten.

Projektpartner sind die Geothermie Neubrandenburg GmbH sowie die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe/BGR, Hannover. Später steigt auch die REpower Systems AG mit ein.

In einem Großexperiment injiziert eine Arbeitsgruppe im Februar 2003 17.000 Kubikmeter Wasser in das Bohrloch bei Groß Schönebeck. Damit soll der Nachweis erbracht werden, ob geothermische Stromerzeugung unter den hier vorherrschenden geologischen Bedingungen möglich ist. Durch den hydraulischen Druck des verpreßten Wassers wird das Gestein in der Tiefe zerbrochen. Damit wird untertage die Wegsamkeit verbessert, so daß mehr Wasser in den Klüften zirkulieren kann.

Bohrturm in Groß-Schönebeck in der Nacht für Geothermie

Groß-Schönebeck Geothermie

Auf einem FMI-Bild (Fullbore Formation MicroImager), das aus Messungen des elektrischen Widerstandes an den Wänden des Bohrlochs gewonnen wird, ist zu sehen, daß etwa 5 mm breite und 150 m lange Risse erzeugt worden sind.

Um die hydraulischen Eigenschaften des stimulierten Reservoirs zu testen und verläßliche Aussagen zu erhalten, wird von Dezember 2004 bis Frühjahrsbeginn 2005 ein weiteres Langzeitinjektionsexperiment durchgeführt, und Mitte 2006 stellt das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) einen Teil der Mittel in Höhe von 10,1 Mio. € bereit, um eine zweite Bohrung von rund 4.300 m Tiefe niederzubringen. Am 03. Januar 2007 wird bei 4.400,44 m die Endteufe erreicht.

2008 soll nun eine HDR-Anlage in Betrieb gehen, in der große Mengen Oberflächenwasser aus Seen oder Flüssen auf das heiße, undurchlässige Gestein in der Tiefe gepreßt, dort erhitzt und mit 150 – 200°C wieder zur Erdoberfläche zurückgepumpt werden.

Bereits 1995 wird in Neustadt-Glewe, nahe Schwerin, eine überarbeitete Anlagenkonzeption verwirklicht. Das Kraftwerk liefert seitdem mit dem 95°C bis 89°C heißem Wasser aus 2.250 m Tiefe ca. 11 MW thermische Energie. Im November 2003 geht dann nach einer knapp fünfmonatigen Umbauzeit das erste Erdwärmekraftwerk Deutschlands in Betrieb, das mit seinen 210 kW künftig 500 Haushalte mit umweltfreundlichem Strom durch Kraft-Wärme-Kopplung versorgt. Das neue Kraftwerk bezieht seine Energie aus 98°C heißem Wasser, welches aus 2.200 m Tiefe heraufgepumpt wird. In einem Wärmetauscher wird die Energie an einen organischen Stoff (z.B. n-Pentan, Isobutan) abgegeben, der schon bei rund 30°C siedet.

Der entstehende ‚Dampf’ erzeugt dann mittels einer 300 PS starke ORC-Turbine (Organic Rankine Cycle) die jährlich etwa 1.400 MWh Strom erzeugen wird – genug für 500 Wohnungen. Bauherr und Betreiber ist die Erdwärme Kraft GbR, Berlin. An ihr beteiligt sind die zu Vattenfall Europe gehörende BEWAG(Berlin) mit 51 % sowie die Schweriner WEMAG und die Landauer LanGeo GmbH, eine Tochter der EnergieSüdwest AG (Landau/Pfalz), mit jeweils 24,5 %. Die drei Gesellschafter investieren in das Projekt zusammen über 800.000 €. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit fördert das Bauvorhaben mit fast 50 % der Investitionssumme.

Der erreichbare elektrische Wirkungsgrad einer ORC-Anlage beträgt bei einem Temperaturniveau von 100°C etwa 6,5 % und bei 200°C etwa 13 – 14 %. Auf dem Markt befinden sich bereits ORC-Turbinen im Leistungsbereich von 100 – 250 kW.

Ab 2000 wird auch am Einsatz von Raumluftkonditionierung mittels Erdwärmetauschen gearbeitet. Diese Technik ist allerdings nicht neu, schon ein deutsches Patent aus dem Jahre 1877 beschreibt zum Beispiel ein ‚Verfahren zur Kühlung und Vorerwärmung der Luft mit Hilfe der Erdwärme’. Zu den bekanntesten neuzeitlichen Pilotprojekten gehört das Verwaltungsgebäude Wagner in Cölbe, das Verwaltungsgebäude DB Netz in Hamm und das DLR-Sonnenofen-Gebäude in Köln.

Die Gemeinde Unterhaching (20.000 Einwohner, Geothermie Deutschland) beginnt 2002/2003 das bundesweit erste hydrothermale geothermische Strom- und Wärmeerzeugungsprojekt im sogenannten ‚Süddeutschen Molassebecken’ durch. Es ist geplant, zwei Bohrungen in eine Tiefe von jeweils ca. 3.400 m niederzubringen und bis zu 150 l/s an Thermalwasser mit einer Temperatur zwischen 100°C bis 120°C zu gewinnen. Aus dem heißen Tiefenwasser sollen bis zu 3,1 MW elektrischer Leistung und 16 MW thermischer Leistung gewonnen werden.

Bohrturm in Unterhaching

Unterhaching

Das Kraftwerk in Unterhaching, das 2007 ans Netz gehen soll, wird dann eines der modernsten Geothermie-Kraftwerke in Europa, und das erste in Deutschland sein, das von Anfang an auch für die Stromerzeugung geplant war (die Anlage in Neustadt-Glewe war anfangs ja nur als Wärmekraftwerk konzipiert). Auftraggeber ist die eigens dafür gegründete und sich in Gemeindebesitz befindende Geothermie Unterhaching GmbH & Co. KG, den Auftrag zum Bau der Kraftwerksanlagen erhält die Siemens Industrial Solutions and Services (I&S). Für den Bereich unter der Erde – also Bohrungen und Analyse beispielsweise – ist die Geothermie Neubrandenburg GmbH (GTN) verantwortlich, die bereits seit Anfang der 1980er Jahre Erfahrung im Bereich der Geothermie gesammelt hat.

Der erzeugte Strom von 3,4 MW – ausreichend für etwa 2.000 Haushalte – soll entsprechend dem Erneuerbare-Energien-Gesetz in das örtliche Stromnetz eingespeist und mit bis zu 15 Cent pro Kilowattstunde vergütet werden. Mit der zusätzlich gewonnenen Wärme sollen kommunale und private Liegenschaften günstig und umweltfreundlichen versorgt werden.

Die Gesamtkosten des Projektes werden auf rund 36 Mio. € geschätzt. Die Förderung durch Zuschüsse und Sonderdarlehen vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit beläuft sich auf 4,8 Millionen Euro.

Unter der konzeptionellen Führung der Wirtschaftsprüfungs-, Steuer- und Rechtsberatungskanzlei Rödl & Partner wird am 27.11.2003 im Rahmen des Projektes in Unterhaching der Abschluß der europaweit ersten privatwirtschaftlichen ‚Fündigkeitsversicherung’ für eine geothermische Tiefbohrung unterzeichnet. Das sogenannte ‚Fündigkeitsrisiko’ stellt bislang das größte Investitionshindernis bei der geothermischen Energieerzeugung dar. Je nach Bohrtiefe und Dimension kostet eine geothermische Tiefbohrung zwischen 3 und 5 Mio. Euro. Bis diese Bohrung niedergebracht und abgeschlossen ist, kann niemand exakt bestimmen, ob und wie viel Thermalwasser gewonnen werden kann.

Zu diesem Zeitpunkt existieren deutschlandweit bereits 24 größere hydrothermale Heizwerke im Leistungsbereich zwischen 100 kW und 20 MW. Mit dem geothermischen Strompotential in Deutschland ließe sich selbst bei der heutigen Technik allerdings das 600-fache des deutschen Jahresstromverbrauchs erschließen!

Am 6. Februar 2004 fällt in Unterhaching der Startschuß für das Projekt, und im September 2004 stoßen die Bohrer in 3.446 m Tiefe auf 120°C warmes Wasser mit einer Schüttung von 150 Litern pro Sekunde, womit sogar die optimistischsten Erwartungen übertroffen werden. Für eine wirtschaftliche Nutzung waren eine Mindesttemperatur von 100°C bei einer Fördermenge von 100 Litern pro Sekunde angesetzt.

Statt dem ORC-Verfahren soll in Unterhaching – in Deutschland erstmalig – das so genannte Kalina-Verfahren angewendet werden, bei dem als Arbeitsmittel ein Gemisch aus Ammoniak und Wasser eingesetzt wird, für das sich Siemens für Europa die Lizenz gesichert hat. Die Patente dafür hält die kalifornische Firma Exergy. Der Kalina-Kreislauf, der in den 1970er Jahren von dem russischen Ingenieur Alexander Kalina entwickelt worden ist, hat gegenüber einem ORC-Kreislauf eine bis zu 40 % höheren Energieausbeute, da das Ammoniak-Gemisch schon bei Temperaturen um 90°C siedet. hat. Bisher arbeiten weltweit aber erst vier Kraftwerke mit einem solchen Kreislauf, der sich auch für andere Niedertemperaturbereiche anwenden ließe, und deshalb bei Siemens auf zunehmendes Interesse stößt. Über den Fortgang des Projekts berichte ich weiter in chronologischer Folge (s.u.).

Im zweiten Halbjahr 2004 wird mitten in der Aachener Innenstadt eine 2.544 m tiefe Geothermiebohrung ‚RWTH-1’ durchgeführt. In dieser Stadt tritt an mehr als 30 Stellen bis zu 70°C heißes und schwefelhaltiges Wasser an die Erdoberfläche.

Ziel des von der EU und dem Land NRW mit insgesamt 5,14 Mio. € geförderte Demonstrationsvorhabens ist die Erschließung von Erdwärme für das ‚SuperC’, das Studienfunktionale Service-Center für die über 30.000 Studenten der RWTH. Die Bauarbeiten für das Hightech-Gebäude dauern bis zum Frühjahr 2007.

Die reibungslos ablaufende und geräuscharme Bohrung ist ein wichtiger Schritt, um zukünftig auch Großgebäude im innerstädtischen Bereich umweltfreundlich beheizen und kühlen zu können.

In Zusammenarbeit mit den Projektpartnern aix-otherm (Aachen) und Kusimex (Köln) wird die Bohrung anschließend zu einer tiefen Erdwärmesonde ausgebaut: Kaltes Wasser wird über ein doppelwandiges Rohr in die Tiefe gepumpt und erwärmt sich dabei langsam am heißen Gestein. Über ein isoliertes Förderrohr in der Mitte des Bohrlochs wird das dann auf fast 80°C erhitzte Wasser wieder nach oben transportiert und fließt direkt in das Heizsystem des „Super C“. Für Temperaturmessungen ist weltweit erstmalig ein Glasfaserkabel in den Zementmantel integriert worden. Mit den rund 450 kW Leistung sollen rund 80 % des gesamten Wärme- und auch Kältebedarfs des Service-Centers gedeckt werden: Während der Heizperiode durchläuft das heiße Tiefenwasser im so genannten Kaskadensystem Konvektoren sowie Decken- und Fußbodenheizungen, während im Sommer eine Adsorptionskältemaschine die Gebäudekühlung sicherstellt.

Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe schätzt zu diesem Zeitpunkt, daß geothermale Kraftwerke weltweit lediglich etwas mehr als 7.000 MW Strom liefern und geothermale Heizanlagen kaum mehr als 8.000 MW Wärmeleistung in Heiznetze einspeisen. Nach Angaben der Internationalen Energie Agentur entstammen somit nur rund 2 % der Energieerzeugung der OECD-Staaten aus der Erdwärme. In Deutschland sind zu diesem Zeitpunkt rund 30 derartige Anlagen mit einer Leistung von insgesamt etwa 50 MW in Betrieb.

Bis einschließlich 2004 fördert die Bundesregierung Forschungen zur Geothermie mit 15 Mio. € (Wegen des hohen Risikos bei den Bohrungen finanziert der Bund mit 5 Mio. € auch Deutschlands größte Tiefenbohrung im bayerischen Unterhaching, s.o.).

Das Institut für Energetik und Umwelt in Leipzig schätzt 2004 das Strompotential der Geothermie in Deutschland auf etwa 290 TW/a (bei gleichzeitiger Bereitstellung von Niedertemperaturwärme in erheblicher Größenordnung).

Am 11.12.2005 wird der neue Bahnhof Barbis in dem 4.000-Einwohner-Ortsteil von Bad Lauterberg eingeweiht. Dort muß bei Eis und Schnee künftig nicht mehr geräumt oder gestreut werden, da die Bahnsteige mit Solar- und Erdwärme geheizt werden. Zur Nutzung der Erdwärme wurden neun Sonden unterhalb der zwei Bahnsteige installiert, die jeweils knapp 100 m lang sind. Beim Heizen fallen somit keine Kosten für Energie an. Der kleine Ort Barbis wurde für das Pilotprojekt ausgewählt, weil dort für 1,2 Millionen Euro ein völlig neuer Bahnhof gebaut wurde. Er liegt an der Strecke zwischen Göttingen und Nordhausen.

Erdwärmekorb

Wärmekorb für Erdwärme

Im Juni 2006 werden in Stuttgart die ersten Wärmekörbe verlegt, die von Daniel Abbou entwickelt worden sind. Die spiralig gewundenen Rohre werden nur 2,5 m tief in den Boden eingelassen, und nehmen unterhalb der Frostgrenze die Wärme der Erde auf. Jeder Korb benötigt eine Fläche von 10 qm und kann mittels einer Wärmepumpe ca.1 kW Wärme produzieren. Um eine Wohnfläche von 150 qm zu beheizen reichen 10 Wärmekörbe aus.

Insgesamt beginnt die private Nutzung der Erdwärme zuzunehmen. Während noch Mitte der 1990er Jahre im jährlichen Durchschnitt unter 1.000 Systeme für den oberflächennahe Bereich installiert wurden, waren es 2004 erstmals 10.000 neue Systeme, und 2005 schon knapp 12.000. Für 2006 werden sogar über 15.000 Anlagen erwartet. Es wird geschätzt, daß deutschlandweit derzeit ein Investitionsvolumen für die geothermische Energieerzeugung von etwa 3,4 Milliarden € besteht.

Geologen der Ruhr-Universität erstellen 2006, als Kooperationspartner des FONDEF-Projekts (Fomento al Desarrollo Cientifico y Tecnológico), eine Karte der geeigneten Orte für ein Geothermie-Kraftwerk in Zentral- und Südchile und nutzen ihre Erkenntnisse für das Projekt PROMETHEUS, das die Wärme des Wassers aus der Tiefe für die RUB nutzbar machen soll. Die Erwärme soll für etwa 30 Jahre lang Energie für die RUB und ihre Umgebung liefern.

Im Oktober 2006 wird das zweite Loch für das 2001 gestartete Unterhachinger Geothermie-Projekt in die Tiefe getrieben. Bei der ersten Bohrung, rund vier Kilometer entfernt, wurde das riesige unterirdische Reservoir angezapft. Nun kann bald der Wasserkreislauf in Gang gesetzt werden: durch das eine Loch heiß nach oben, durch das andere Loch abgekühlt wieder nach unten. Es stellt sich aber auch heraus, daß die Bohrungen in Unterhaching alleine schon 35 Millionen € gekostet haben. Ein Großteil dieses Geldes stammt allerdings aus öffentlichen Fördertöpfen. Die Gemeinde selbst kostet der Traum von der energetischen Unabhängigkeit rund 50 Millionen €, was auch ein mehrere Kilometer langes Rohrleitungssystem und ein Kraftwerk einschließt. Man rechnet damit, daß sich die Investitionen in 15 bis 16 Jahren amortisieren.

Aufgrund des Erfolges in Erding denkt man dort bereits über ein zweites Kraftwerk nach. Auch in anderen Regionen mit Thermalwasservorkommen, wie in Bayern oder im Oberrheintal sollen in den kommenden Jahren neue Fernwärmenetze und Kraftwerke entstehen, die Erdwärme für ihre Bürger nutzen.

Ebenfalls 2006 plant die Essener Enro AG den Bau eines geothermischen Kraftwerks in Brandenburg. Mit einer veranschlagten Leistung von 25 MW wäre es die größte Anlage dieser Art in Deutschland. Mit einer Investition von 250 Millionen € soll in 5.000 m Tiefe die Wärme von Vulkangestein erschlossen werden. Die Probebohrungen lassen 190°C heißes Thermalwasser erwarten, das dann eine ORC-Turbine antreiben soll.

Ende 2006 werden nach Abschluß der landesweiten geologischen Erfassung 17 bayerische Erdwärme-Nutzungskarten vorgestellt, die kostenfrei vom Umweltministerium erhältlich sind. Bereits heute hält Bayern mit rund zwei Drittel der in Deutschland erschlossenen Erdwärmeleistung die Spitzenposition.

Ab dem Mai 2007 gelangt Wärme über das neue Fernwärmenetz in die Wohnungen von Unterhaching und bis Mitte des Jahres verlegt die Gemeinde über 21 km neue Fernwärmeleitungen. Am 4. Oktober 2007 beginnt das Geothermiekraftwerk offiziell Energie in das Fernwärmenetz zu liefern. Neben dem bis zu 126°C heißem Thermalwasser aus 3.577 m Tiefe stehen im Heizwerk auch noch zwei große 23,5 MW Kessel zur Verfügung. Das Thermalwasser wird anschließend nicht genutzt, sondern in einem geschlossenen Kreislauf wieder in das Aquifer verpreßt, um den hydraulischen ‚Motor’ im Wasserhorizont aufrecht zu erhalten.

Als nächstes soll die Stromerzeugungsanlage in Betrieb genommen werden. Das Projekt hat bis dato ca. 73 Mio. € gekostet und gilt als eines der wichtigsten Pilotvorhaben in Europa. Es ist das derzeit größte in Deutschland. Gewinne erwartet man ab 2017 zu machen, der ‘Return of Investment’ soll nach ca. 23 Jahren erreicht sein.

Bohrturm in Landau

Bohrturm Landau Geothermie Erdwärmebohrung

Gegenwärtig sind in Deutschland mehr als ein Dutzend Geothermie-Projekte in Planung oder Bau: Siemens baut ein zweites Kraftwerk im badischen Bruchsal, und Unterhachings Nachbargemeinden Pullach, Taufkirchen und Oberhaching planen ebenfalls Probebohrungen nach Thermalwasser. Falls die Fördermengen für ein Kraftwerk nicht ausreichen, kann immer noch ein Bad betrieben werden. In der Schweiz, wo man in den neunziger Jahren intensiv nach Thermalwasser bohrte, entstand so ein halbes Dutzend neuer Thermalbäder.

Die Münchner Erdstrom AG präsentierte am Vorabend des Symposiums ‚Klimaschutz durch Erdwärme – Geothermie 2007’ in Wien ihr gut 300 Mio. € umfassendes Projekt zum Bau von acht geothermischen Kraftwerken mit jeweils 5 bis 10 MW elektrischer Leistung im bayerischen Molassebecken. Hier kann aus gut 3.000 m Tiefe 130°C heißes Wasser an die Oberfläche geholt werden. Wirtschaftlich ist das Projekt wegen der auf 20 Jahre garantierten Einspeisetarife nach dem deutschen Energieförderungsgesetz. Die neuen Anlagen sollen 2010/2011 in Betrieb gehen.

Am 21. November 2007 wird in Landau in der Pfalz ein weiteres kommerzielles ORC-Geothermiekraftwerk eingeweiht, obwohl man dort erst Mitte 2003 – und damit später als in Unterhaching – mit den Vorbereitungen begann. Hier gab es jedoch im Vergleich zu Bayern bei den notwendigen Genehmigungsverfahren durch das Land Rheinland- Pfalz eine sehr unternehmerfreundliche Bearbeitung.

Das auf einem ehemaligen Militärgelände gelegene Kraftwerk, wo nun aus einer Tiefe von über 3 km 160°C heißes Wasser sprudelt, leistet allerdings nur 3 MW. Gebaut wurde es von der geo x GmbH, einem Gemeinschaftsunternehmen der Energieversorger Pfalzwerke in Ludwigshafen und der EnergieSüdwest in Landau, die Bauteile für das Kraftwerk liefert eine israelische Firma. Die Kosten einschließlich der Fördermittel werden auf etwa 20 Mio. € beziffert, das Projekt wurde durch das Bundesumweltministerium mit rund 2,6 Mio. € unterstützt. – und auch hier gibt es Probleme, als sich der Bohrer in 3.200 m Tiefe verkantet.

Geothermiekraftwerk Landau  in der Nacht

Geothermiekraftwerk Landau

Die Wärmeenergie des Wassers wird über einen Wärmetauscher auf den Kohlenwasserstoff Pentan übertragen, der bereits ab 28°C gasförmig wird. Die vom Dampfdruck angetriebene Turbine produziert Strom, der ins regionale Netz eingespeist wird, während das inzwischen auf 90°C abgekühlte Wasser auf einen zweiten Wärmetauscher geleitet wird, damit es für Fernwärme genutzt werden kann. Im Januar/Februar 2008 soll die Anlage in Dauerbetrieb gehen.

Inzwischen gibt es im Internet auch eine interaktive Karte mit Geothermie-Standorten in Deutschland.

Ein ganz besonders anspruchsvolles Programm lief in Deutschland unter dem Namen KTB – das wir uns nun etwas näher anschauen werden.